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Montag, Februar 27, 2006

Locherboden - die weitere Entwicklung

Fortsetzung von Teil 4:

Als Maria Kalb geheilt von Locherboden nach Mötz zurückkam, wartete dort schon eine große Menge Leute, denn es hatte sich herumgesprochen, daß man in der Frühe eine Schwerkranke, der die Gottesmutter erschienen sei, nach Locherboden gebracht hatte. Nachmittags ging die Geheilte mit ihren Freundinnen zu Fuß nach Stams, während der Bruder Johann mit dem Wagen nachkam. Als sie auf dem Weg nach Stams nach Locherboden hinaufschauten, sahen sie dort schon viele Menschen versammelt - der Beginn der Wallfahrt.
Zunächst wurde ein Weg von Mötz durch den Wald nach Locherboden angelegt. Um ihn bis zur Grotte führen zu können, waren große Sprengungen nötig. Dreizehn gemauerte Pfeiler mit einem Geländer sicherten ihn. Da man schon einmal beim Sprengen war, wurde auch die Höhle erweitert. Es wurde aber mehr Felsen weggesprengt, als beabsichtigt war, so daß der vordere Teil der Höhle, wo bisher das Marienbild gehangen und die Heilung stattgefunden hatte, einstürzte. Daher wurde das Bild weiter rückwärts im Knappenstollen angebracht. Dann wurde noch vor dem Eingang der Höhle ein hölzerner Vorbau errichtet, der den Wallfahrern Schutz vor Wind und Wetter bieten sollte. Im folgenden Jahr wurden auf der Höhe des Locherbodens drei Kreuze aufgestellt, die weithin sichtbar waren. Es wurde bei den Pilgern Brauch, daß sie, nachdem sie vor dem Bild der Gottesmutter gebetet hatten, noch zum Kreuz des Herrn hiaufstiegen. 1876 wurden die Kreuzwegstationen, die man den Weg nach Mötz nach Locherboden entlang aufgestellt hatte, geweiht. Dieser Kreuzweg ist seither des öfteren erneuert worden. 1881 wurde die steinerne Kapelle vor der Grotte erbaut, die heute noch steht. Aber schon bald dachte man daran, eine Kirche zu bauen. Der hochw. Herr Johann Schlatter, der von 1879 bis 1905 Pfarrer von Mötz war und sich die größten Verdienste um die Entwicklung von Locherboden erworben hat, wollte die Grotte so erweitern, daß man am Platz selber, wo die Heilung stattgefunden hatte, die Kirche hätte bauen können. Aber dieser Plan erwies sich wegen der großen Sprengungen, die man hätte vornehmen müssen, als undurchführbar. So entschloß man sich, die Kirche auf dem Hügel über der Grotte zu bauen. Die Pläne zeichnete der Baumeister Heinrich Hörmann, der dann den Bau auch ausführte. 1896 wurde der Grundstein gelegt, 1901 war die Kirche bis auf die Inneneinrichtung fertig. Am 30. Juni dieses Jahres wurde das Mariahilfbild in feierlicher Prozession von der Pfarrkirche in Mötz aus in die neue Kirche auf Locherboden übertragen. Von weit und breit waren die Menschen zu dieser großen Feier zusammengekommen. Eine Woche darauf, am 6. Juli, wurde die Kirche durch den Bischof von Brixen Simon Aichner konsekriert.
Damit war die Entwicklung von Locherboden zu einem gewissen Abschluß gekommen. Die Gottesmutter hatte zwar nicht wie in Lourdes den Bau einer Kirche verlangt. Wenn aber auf der Höhe über der Grotte zunächst drei Kreuze aufgestellt und dann die Kirche gebaut wurde, geschah das aus einem gesunden Instinkt des christlichen Volkes heraus - die Kirche wurde zum größten Teil aus den freiwilligen Spenden kleiner Leute gebaut - und sicher nicht ohne die geheimnisvolle Leitung der Gottesmutter, die auch hier ihre Kinder zu ihrem göttlichen Sohn, zum Kreuz und zum Altar, geführt hat.

Die Kirche

Wenn wir die Kirche betreten, fällt unser Blick sofort auf das Mariahilfbild über dem Hochaltar. Es ist zwar nicht mehr dasselbe Bild, das der Bergknappe seinerzeit am Eingang des Stollens angebracht hat, wohl aber das Bild, vor dem Maria Kalb gebetet hat und geheilt worden ist. Der Altaraufbau stammt von dem Bildschnitzer Josef Bachlechner aus Solbad Hall. Links befindet sich die Statue des hl. Bernhard, des großen Marienverehrers, rechts die Statue des hl. Kassian, des Gründers und Patrons der Diözese Brixen, zu der Locherboden früher gehört hat. In den Nischen der beiden Türmchen steht links die Statue des heiligen Apostels Johannes, rechts die des heilige Josef. Auf den Spruchbändern stehen die Texte "Das ist der Ort, wo du mich suchen mußt" und "Wenn einst das Auge bricht, Mutter, verlaß mich nicht".
Die Glasfenster stellen dar: in der Mitte die Krönung Mariens, links den heiligen Florian und den heiligen Wendelin, die Vermählung Mariä, rechts den heiligen Aloisius und die heilige Barbara, die Patronin der Bergknappen, und Mariä Heimsuchung.
Ausgemalt wurde die Kirche in den Jahren 1914 bis 1916 von Toni Kirchmayr aus Innsbruck. Als Hauptthema wählte er die vier Hauptfeste des Kirchenjahres: über dem Presbyterium Ostern mit der Gestalt des auferstandenen und verklärten Christus; zwei Engel tragen Krone und Zepter, zwei weitere das Tuch mit dem blutüberströmten Antlitz des Herrn und die Dornenkrone.
Das erste Bild im Kirchenschiff stellt die Geburt Christi dar, links bringen die Hirten ihre Gaben, rechts huldigen die Drei Könige. Auf den kleinen Feldern ist jeweils ein Prophet zu sehen, der über das betreffende Geheimnis geweissagt hat, hier ist es der Prophet Isaias. Das zweite Bild zeigt eine ländliche Fronleichnamsprozession, als Prophet erscheint Ezechiel. Das dritte Bild im Kirchenschiff, schon mehr über der Empore, ist eine Darstellung des Pfingsfestes. Als Prophet ist Jeremias gewählt. Zwischen den untersten Fenstern sehen wir die vier Evangelisten mit ihren Symbolen. Die Köpfe an der Brüstung der Orgelempore sollen die zwölf Apostel darstellen, rechts und links von ihnen sind die Porträts des Erbauers der Kirche und des Künstlers, der die Gemälde schuf.
Auf den Seitenwänden beim Eingang erblicken wir Darstellungen aus der Geschichte des Wallfahrtsortes, gemalt von Toni Kirchmayr; rechts: Engel wenden den Stein, um den verschütteten Bergknappen zu retten, der nachher, zum Bilde emporblickend, ein Dankgebet spricht; links: die Heilung der Maria Kalb, unten das Gefährt und Blick nach Silz, oben der Bruder Johann, der seine Schwester über den Felsensteig trägt, und die ganze Gurppe, wie sie vor dem Bild der Gottesmutter betet.

Die Kapelle

Nachdem das Mariahilfbild in die neue Kirche übertragen war, verfiel die untere Kapelle wieder und wurde fast vergessen. Den Bemühungen des P. Meinrad Alois Bader O. Cist. aus dem Stift Stams ist es zu danken, daß ein neuer Zugang zur Grotte geschaffen und die alte steinerne Kapelle gründlich erneuert werden konnte. Statt des Mariahilfbildes wurde eine Darstellung der Schmerzensmutter aufgestellt, ausgeführt von dem bereits erwähnten Josef Bachlechner. Die Schmerzensmutter wurde deswegen gewählt, weil seit alters her neben dem Mariahilfbild ein Bild der schmerzhaften Mutter hing und weil Maria selbst die kranke Maria Kalb aufgefordert hatte, den Rosenkranz zu ihren sieben Schmerzen zu beten.
Rückblickend ist es nicht schwer, eine große Ähnlichkeit zwischen Locherboden und den übrigen großen Muttergotteserscheinungen der letzten hundert Jahre zu erkennen. Auch Maria Kalb wurde aufgefordert, den Rosenkranz zu beten, wie Bernadette in Lourdes und die Kinder von Fatima. Maria hat zwar auf Locherboden nicht ausdrücklich zur Buße gemahnt. Aber von Anfang an hing neben dem Mariahilfbild ein Bild der Schmerzensmutter, und heute steht in der unteren Kapelle das Bild der schmerzhaften Mutter. Wer könnte aber die Mutter, die ihren toten Sohn auf dem Schoß trägt, betrachten, ohne an die eigenen Sünden zu denken, die das Leid des Sohnes und der Mutter mitverschuldet haben, und sich so gedrängt fühlen, Buße zu tun und sein Leid zu ändern? "Die Menschen sollen aufhören, Gott zu beleidigen, der schon so viel beleidigt worden ist", sagte die Gottesmuttter zu den Kindern in Fatima. Genau das gleiche sagt uns das Bild der Schmerzensmutter. Noch auf eine Ähnlichkeit sei hingewiesen, die bis heute vielleicht viel zuwenig beachtet wurde. Bei der ersten geheimnisvollen Erscheinung reichte jemand der Maria Kalb einen Brief. Maria Kalb erzählte nachher: "Ich machte den Brief auf, und da sah ich das Bild Mariens mit offenem, freundlichem Blick, aus deren Augen Tränen über die Wangen herabperlten" - wer dächte da nicht an die weinende Madonna von Syrakus? Nur von Strafgerichten hat die Gottesmutter im Zusammenhang mit Locherboden nicht gesprochen, offenbar war der Augenblick dazu nach dem Plane Gottes noch nicht gekommen. Nachdem wir aber die Botschaft von Fatima gehört und die Strafgerichte Gottes zum Teil am eigenen Leib erfahren mußten, fällt es uns nicht schwer, beim Anblick der Schmerzensmutter auch an die Strafgerichte Gottes zu denken, die uns drohen, wenn wir uns nicht ernst und von Herzen zu Gott bekehren.

Pater Josef Fiedler S.J.

Imprimatur Nr. 317. Bischöfliches Ordinariat Innsbruck, 1. März 1967. Dr. J. Hammerl, Generalvikar. - Imprimi potest. Vindobonae, die 15 februarii 1967. Jo. Chr. Pilz S. J., Praep. Prov. Austriae. - Im Eigenverlag des katholischen Pfarramtes Mötz.

Locherboden - die Heilung der Maria Kalb

Fortsetzung von Teil 3:

Endlich waren alle Widerstände überwunden, Nachbarn stellten eine Kutsche und ein Pferd zur Verfügung. So trat man am 11. September 1871 die Fahrt an. Maria Kalb wurde in die Mitte der Kutsche gesetzt, links von ihr nahm Maria Amstein, damals 23 Jahre alt, Platz und rechts von ihr eine andere Verwandte, Magdalena Hueber. Nachdem die Kranke zeitig in der Frühe noch die heilige Kommunion empfangen hatte, fuhr man los - vorn auf dem Kutschbock saß der Bruder Johann. Über Innsbruck gelangte man gegen Mittag nach Zirl, wo man der Kranken beim Nagele-Wirt eine Fleischsuppe zu essen gab, die sie aber sofort wieder erbrechen mußte. Sonst aß sie den ganzen Tag nichts. Sie war so schwach, daß gegen Abend der Bruder einmal umschaute und frug: "Lebt sie noch?" In Stams lehnte es der Wirt ab, die Kranke und ihre Begleiter über Nacht zu behalten, mit der Erklärung: "Wir haben ohnedies schon eine Leiche im Haus!" - Am selben Nachmittag war nämlich in diesem Haus eine alte Frau gestorben. So mußten sie bis Mötz weiterfahren, wo sie im Gasthaus zum "Römisch-Deutschen Kaiser" Aufnahme fanden. Auf die Frage, ob man es dort zum Locherboden heiße und dort die Gottesmutter sei, antwortete die Wirtin: "Eine Muttergottes ist einmal oben; gehört habe ich davon, aber ich bin nie hinaufgekommen."
Am nächsten Morgen zeitig ging Bruder Johann nach Silz und brachte von dort seinen Bruder Andreas und dessen Frau mit, die helfen sollten, die Kranke nach Locherboden zu schaffen. Die Kranke wurde wieder in die Kutsche gesetzt, und man fuhr, soweit eben der Weg befahrbar war. Am Waldrand mußte das Pferd ausgespannt werden. Von da ab zogen die beiden Brüder den Wagen. Eine Bäuerin, die gerade mit ihren beiden Buben eine kleine Jause nahm, wurde nach dem Bild gefragt. Sie erklärte: "Das ist nichts anderes als die Kanppenhöhle, wo das Bild drinnen ist." Dere jüngere der beiden Buben ging mit, um den Weg zur Knappenhöhle zu zeigen. Die Kutsche ließ man an diesem Platz stehen, das Pferd wurde an eine Lärche gebunden, dann nahm Bruder Johann die Schwerkranke auf seine Arme und trug sie vorsichtig auf den Hügel hinauf. Zwei Stunden brauchten sie für den Weg, den ein Gesunder leicht in zehn Minuten gehen kann.
Endlich gelangte man zur Höhle. Die Kranke wurde auf zwei Kissen gebettet; sie gab kaum noch Lebenszeichen von sich. Die Schwägerin nahm das Mariahilfbild vom Felsen, reinigte es von Staub und Spinnweben und zeigte es der Kranken, die aber nicht einmal die Augen zu öffnen imstande war. Dann beteten sie gemeinsam den Rosenkranz von den sieben Schmerzen.
Nach kurzer Zeit schlug die Kranke die Augen auf, und sie, die bisher zu schwach gewesen war, um mitzubeten, sate deutlich: "Muttergottes, du bist mir erschienen, du bist es, du wirst mir helfen!" Die anderen hörten auf zu beten vor lauter Verwunderung, daß die Kranke laut gesprochen hatte. Dann erhob sie sich, kniete neben den anderen nieder und betete mit ausgestreckten Armen das "Gedenke, o gütigste Jungfrau". Dann setzten alle gemeinsam den Rosenkranz fort. Den ersten Rosenkranz hatte Maria Amstein vorgebetet, jetzt aber begann Maria Kalb selbst den zweiten vorzubeten, denn die Gottesmutter hatte ja verlangt, daß sie ihn beten solle. Beim vorletzten Gesätzchen hatte sie das Gefühl, daß etwas in ihrem Körper vorgegangen sei. Sie fühlte sich auf einmal stark und kräftig. Nach dem gemeinsamen Rosenkranz betete jedes noch eine Zeitlang still für sich. Gegen 11 Uhr mahnte Johann, es sei Zeit, aufzubrechen, denn man habe noch einen weiten Weg zu machen. Er wollte seine Schwester wieder auf die Arme nehmen, um sie den steilen Pfad hinabzutragen. Maria aber erklärte: "Laß mich nur! Mich darfst du nimmer tragen; ich kann schon selbst gehen und bin gesund!" In der Tat ging Maria ohne fremde Hilfe bis zur Mulde hinab. Erst dort kam ihnen so recht zum Bewußtsein, was geschehen sei, und alle freuten sich, daß sie den weiten Weg von Rum bis Locherboden gemacht hatten. Noch ein Weilchen nahmen sie sich Zeit, um die Gegend zu betrachten; alles war so, wie es Maria Kalb bei der Vision gesehen hatte, da waren die Ortschaften Mötz, Silz und Stams, und selbst die drei faustgroßen Steine lagen da. Johann fuhr mit der Kutsche nach Mötz, die übrigen aber, auch Maria Kalb, gingen zu Fuß. In Mötz aß die Geheilte zum erstenmal, und keinerlei Beschwerden stellten sich mehr ein. Dann fuhren sie nach Innsbruck zurück, und nachts gegen 1 Uhr langten sie daheim in Rum an. Am nächsten Morgen war Maria Kalb bereits in der Sechsuhrmesse. Sie konnte von jetzt ab wieder normal essen wie vor ihrer Erkrankung vor sieben Jahren, konnte arbeiten und schlafen. Ein Rückfall trat nicht ein. Sie blieb zwar etwas schwächlich, aber das war sie auch vor der Krankheit schon gewesen. Sie starb am 20. Jänner 1925 zu Rum im Alter von 82 Jahren. In ihrem langen Leben ist sie noch sehr oft nach Locherboden gepilgert, vor allem war sie jedes Jahr am 12. September, dem Tag ihrer Heilung, dort. Sie nahm regen Anteil an der ganzen Entwicklung des Wallfahrtsortes und hat auch persönlich viel von ihren Ersparnissen geopfert. (1)

(1) Was die Krankheit und später die Heilung der Maria Kalb betrifft, halten wir uns an die Schilderung, wie sie P. Meinrad Alois Bader O. Cist. in seinem Büchlein "Locherboden. Seine Rundsicht und seine Wallfahrt", Innsbruck, 1921, bietet. P. Meinrad hat Maria Kalb noch persönlich gekannt und hat sich des öfteren von ihr sowohl ihre Krankheit als auch ihre Heilung erzählen lassen. Auf Seite 106 des erwähnten Büchleins schreibt P. Meinrad: "Zum Schlusse sei noch betont, daß Maria Kalb diese ihre Krankheitsgeschichte, so wie sie hier dargestellt ist und worauf der Verfasser Gewicht legte, vor der Drucklegung genau eingesehen und sie in allen Teilen als vollkommen der Wahrheit entsprechend erklärt hat." - Eine offizielle kirchliche Untersuchung der Heilung hat nicht stattgefunden.

Fortsetzung folgt.

Locherboden - warum ausgerechnet dieser Ort?

Fortsetzung von Teil 2:

Bevor wir in unserem Bericht fortfahren, wollen wir uns Antwort auf die Frage geben, warum Maria wohl verlangte, daß die Kranke nach Locherboden kommen solle. Hatten die Vewandten wirklich so unrecht, wenn sie sagten, die Gottesmutter könne sie doch auch in Rum oder Absam heilen?
Zunächst verlangte die Gottesmutter von Maria Kalb ein großes Vertrauen, ein Vertrauen, das sich nicht nur in Worten ausdrücken sollte, sondern durch eine Tat, die menschlich gesprochen unvernünftig war - eine Schwerkranke von Rum nach Locheroden bringen! Aber anders hilft Maria nicht. Sie verlangt einfach dieses Vertrauen von jenen, denen sie helfen will. Maria Kalb hatte dieses Vertrauen vom Tag der Erscheinung an, wenn es auch noch einer Steigerung fähig war, bis es ihr keine Ruhe mehr ließ, bevor sie nicht die Wallfahrt unternommen hätte. Aber allein konnte sie ja nicht gehen. Sie brauchte die Hilfe anderer Menschen, von denen ein ähnliches Vertrauen verlangt wurde, obwohl sie keine Erscheinung gehabt hatten. Vom Bruder Johann wird berichtet, daß er eigens eine Wallfahrt nach Absam machte, um zur Klarheit zu gelangen, und daß er von dort mit dem Entschluß heimkehrte, die Fahrt mit der Schwester zu wagen. Ebenso rangen sich die Mutter und der Ortsgeistliche zu dem demütigen Vertrauen durch, daß sie die Fahrt befürworteten. Dieses Vertrauen war die Voraussetzung für die Hilfe, die Maria der Kranken gewähren wollte, und war selbst schon geschenkte Gnade.
Aber warum gerade Locherboden?
Gott kann uns überall finden und kann uns auf allen Wegen begegnen. An welchem Ort und zu welcher Stunde er uns aber seine Gnade schenkt und unser Heil wirkt, das können nicht wir Menschen Ihm vorschreiben, sondern das bestimmt Er selbst, wir aber müssen uns in Demut unter seinen Ratschluß beugen. So ist der Sohn Gottes an einem ganz bestimmten Ort, nämlich zu Bethlehem, und zu einer ganz bestimmten Zeit, nämlich unter der Regierungszeit des Kaisers Augustus, als Mensch geboren worden und ist auf Golgotha unter dem Hohenpriester Kaiphas, dem König Herodes und dem römischen Landpfleger Pontius Pilatus gekreuzigt worden. Die Wahrheit läßt Gott uns künden durch seine Kirche; seine Gnade hat er weitgehend geknüpft an die Sakramente, an das Wasser bei der Taufe, an das Öl bei der Firmung und Krankensalbung, an Brot und Wein bei der Eucharistie. Oft gewährt er seine Gnade auf die Fürsprache seiner Heiligen, besonders Marias. Und auch Maria ist bei der Hilfe, die sie den Menschen gewährt, an den Ratschluß Gottes gebunden. So war es Gottes Wille, daß Maria genau im Jahre 1854 in dem kleinen Ort Lourdes im südlichsten Frankreich einem einfachen Mädchen erschien; daß die Krankenheilungen vornehmlich durch das Wasser jener Quelle geschehen sollten, die damals entsprang und bis heute fließt. Mochten die Menschen sich wundern, daß Bernadette auf die Weisung der Gottesmutter hin mit ihren Fingern nach Wasser grub, wo gar kein Wasser war; mochten sie lachen und Bernadette für übergeschnappt halten - setzen wir ruhig dieses unschöne Wort hierher -, als sie sich mit dem feuchten Schlamm, den ihre Finger ausgegraben hatten, das Gesicht "wusch", so daß sie nachher aussah wie ein Mohr - genau an dieser Stelle sollte eben die Quelle entspringen, die zuerst einem blinden Kind und dann vielen anderen Kranken Heilung gebracht hat. So wollte die Gottesmutter die Maria Kalb nicht in Rum und nicht in Absam, sondern auf dem Locherboden gesund machen, ausgerechnet an diesem unbekannten, unzugänglichen Ort. Diesen Akt demütiger Unterwerfung unter Gottes Willen verlangte Maria von der Kranken und ihren Verwandten, so daß sie wirkich unter großen Opfern bereit waren, sich an jenen Ort zu begeben, wo ihnen Maria nach Gottes Ratschluß Hilfe schenken sollte.
Denn Gott hatte neben der Heilung der Maria Kalb auch noch andere Absichten, von denen die Kranke und ihre Verwandten nicht wußten, nichts zu wissen brauchten. Uns aber sind nach 100 Jahren diese anderen Absichten Gottes viel klarer - auf die inneren Zusammenhänge zwischen Locherboden und den übrigen großen Muttergotteserscheinungen der letzten 100 Jahre kommen wir am Schluß noch zu sprechen. Es sollte für das Tiroler Volk eine neue Gnadenstätte erstehen, wo es Trost und Hilfe in den schweren Zeiten finden sollte, denen es entgegenging, und wenn erst ganz Tirol zu einem einzigen Fremdenverkehrtsort geworden wäre, sollte noch ein stilles Plätzchen übrig sein, wo es keine Hotels und keinen Badestrand gäbe, sondern wo ein Kirchlein mit einem Turm, der sich vor den gewaltigen Bergen wie ein Spielzeug ausnimmt, die vielen Fremden, welche die Züge jeden Tag das Inntal hinauf- und hinunterbringen, nach oben weist; ein Kirchlein, das die Fremden nicht wegen seiner Kunstschätze aufsuchen, sondern zu dem Einheimische und Gäste pilgern wegen eines Gnadenbildes jener, die gleichzeitig die Mutter Gottes und der Menschen ist. Gott hat seine eigenen Gedanken und Pläne, die immer Gedanken und Pläne der Liebe sind und denen sich jene unterwerfen müssen, die Gott als Werkzeuge für die Verwirklichung seiner Absichten ausersehen hat, auch wenn sie diese Absichten nicht verstehen oder gar nicht um sie wissen. Darum mußte also Maria Kalb nach Locherboden pilgern, obwohl ihr diese Fahrt, menschlich gesprochen, hätte den Tod bringen müssen.

Fortsetzung folgt.

Locherboden - die Erscheinungen

Fortsetzung von Teil 1:

Maria Kalb war in Rum bei Innsbruck am 10. Februar 1842 geboren. Sie war ein schwächliches Kind, das bisweilen an Herzkrämpfen litt. Sie war fröhlich und doch wieder auffallend ernst. In der Schule tat sie sich leicht. Sie sang auf dem Kirchenchor, war Mitglied des 3. Ordens des heiligen Franziskus, ging alle zwei bis drei Wochen zu den Sakramenten und gelobte, anfänglich von einem Muttergottesfest zum andern, Jungfräulichkeit. Als sie 15 Jahre alt war, starb der Vater. Zwei ihrer Brüder übernahmen den väterlichen Hof. Maria aber übersiedelte mit der Mutter, ihrem Bruder Johann und zwei jüngeren Schwestern in ein anderes Haus. Später besorgte Maria die Wirtschaft für die beiden Brüder im ehemaligen elterlichen Haus und betreute nebenbei einen kleinen Laden. Eines Abends im Fasching des Jahres 1864 saß Maria bei der Mutter in der Stube und spann. Da drangen zwei maskierte Burschen ein. Einer von den beiden gab Maria einen Stoß in den Rücken, daß sie laut aufschrie. Die Mutter sagte noch: "Maria, jetzt hast du genug!" Damit begann ihre lange, schmerzliche Krankheit. Sie zitterte oft am ganzen Körper, litt unter dauerndem Kopfweh, immer häufiger wurden Ohnmachtsanfälle und Krämpfe. Eines nachts, da sie sich sehr elend fühlte und zu schwach war, um nach Hilfe zu rufen, betete sie zur Gottesmutter. "Da sah ich", schrieb sie später, "in der Höhe vor meinem Haupt ein Mariahilfbild schweben - und sogleich verschwand der größte Schmerz, und ich schlief ein. Als ich erwachte, dachte ich verwundert: Daß ich nicht die Abbildung sah, die ich täglich in unserer Dorfkapelle verehre?" Dieses Bild stellt Maria als Königin des Himmels dar.
Natürlich wurden Ärzte zu Rate gezogen. Dr. Anton Seeger, Bezirksarzt von Solbad Hall, erklärte, es sei ein organischer Nerv verletzt, es handle sich um eine Nervenabzehrung und eine Nervenvertrocknung; es gäbe keine Hoffnung auf Genesung, und man sollte das Doktern ruhig aufgeben.
Der Zustand der Kranken verschlimmerte sich ständig. In der Woche vor Pfingsten 1867 empfing Maria zum erstenmal die Sterbesakramente. Sie konnte kaum mehr Speisen zu sich nehmen und war oft der Sprache beraubt. Dazu bildete sich neben dem Herzen ein großes Geschwür. Bei einem Besuch bei ihrer jüngeren Verwandten Maria Amstein wurde sie von so heftigen Krämpfen befallen, daß sie nicht mehr nach Hause gehen konnte. Von da an blieb sie überhaupt bei dieser Verwandten, von der sie liebevoll gepflegt wurde. Da sie jetzt näher bei der Kirche wohnte, konnte sie auch öfters die heilige Kommunion empfangen. Aber ihr Zustand verschlimmerte sich so sehr, daß man mit ihrem baldigen Tod rechnete.
Seit dem Frühjahr 1871 schöpfte Maria Kalb neue Hoffnung auf die Hilfe der Gottesmutter. Ende April hatte sie ein merkwürdiges Erlebnis - war es eine Erscheinung, war es ein Traum? Lassen wir sie selbst erzählen:
"Ich fühlte auf dem Arme, als ob mich jemand mit der Hand berührte, um mich aufmerksam zu machen, was geschehen werde. Diese Hand gab mir einen Brief von bedeutend großem Format. Auf dem Kuvert war ein wunderschöner Rosenkranz gezeichnet von wunderbar zarter Rosenfarbe. Das ganze Kuvert glänzte wie Gold. Überschrift befand sich keine auf dem Kuvert. Ich fragte, woher der Brief sei. Ich hörte sagen - denn gesehen habe ich niemand, obwohl im Zimmer eine Lampe brannte -, ich solle den Brief aufmachen, dann werde ich sehen, woher der Brief sei. Ich machte ihn auf, und da sah ich das Bild Mariens mit offenem, freundlichem Blick, aus deren Augen Tränen über die Wangen herabperlten. Die Hände hatte sie über der Brust gekreuzt. Der Brief war überschrieben, beiläufig fünf Zoll in der Höhe, mit alter, abgeschossener Tinte, sonst schöner, zügiger Schrift, und darunter stand mein Name mit neuer Schrift, an welcher ich sogleich meine Handschrift erkannte. Was im Brief geschrieben war, las ich nicht. Während dieses Traumes, oder wie ich es nennen soll, fühlte ich keine Schmerzen. Auf eimal fühlte ich mich wieder im früheren kranken Zustand, die Erscheinung war verschwunden und ich sah nichts mehr vom Briefe. Aber erfreut und aufgemuntert war ich über die Erscheinung, daß ich meine Freude nicht mit Worten auszudrücken imstande bin."
Maria Kalb wußte dieses Erlebnis nicht recht zu deuten, sie fühlte nur, wie ihr Vertrauen auf die Gottesmutter gewachsen war. Daher verlangte sie, nach Absam gebracht zu werden: "Führt mich hinüber", bettelte sie, "sie hilft mir ganz gewiß!" In der Tat machten sich drei Freundinnen mit ihr auf den Weg, aber schon am Ende des Dorfes brach sie zusammen und mußte wieder nach Hause gebracht werden.
Ende Juli hatte sie eine zweite Erscheinung. Wieder soll sie uns selbst erzählen:
"Ich bemerkte die Gottesmutter ganz in meiner Nähe, sah sie aber nicht. Sie sprach: 'Du mußt mich suchen im Oberland und den Rosenkranz zu meinen sieben Schmerzen beten!' Ich versprach ihr das mit Freude und betete ihn bald darauf so gut ich konnte. Auch bei dieser Erscheinung fühlte ich nichts von meinen gewöhnlichen Schmerzen, hatte aber eine desto größere Freude, weil ich nun etwas näher wußte, wo ich die Gottesmutter finden könnte."
Was die Worte der Gottesmutter bedeuten sollten, sie solle sie "im Oberland" suchen - als "Oberland" bezeichnete man das Inntal von Innsbruck an innaufwärts -, wußte sie nicht. Wie hätte sie Maria suchen können, da sie doch ans Bett gefesselt war?
Wenige Tage später, am 4. August, hatte Maria Kalb eine dritte Erscheinung. Sie berichtet:
"Da erbklickte ich die Gottesmutter selbst. Sie war großer Statur, von unvergleichbarer Schönheit. Sie trug einen roten Rock (gemeint ist ein vollständiges rotes Kleid), der um die Mitte mit einem schmalen Gürtel um die Lenden zusammengebunden war, an welchem drei funklende Edelsteine prangten, und einen lichtblauen Mantel, der über das Haupt geschlungen und vorne am Gürtel befestigt war und bis auf den Boden niederreichte. Sie winkte mir zu kommen, und wir gingen nebeneinander, mehr schwebend als gehend, schweigend hinauf an der Martinswand vorbei. Ich schaute sie öfters einen Augenblick an; sie aber blickte immer vorwärts und zog mich mit, und ich folgte ihr hocherfreut und überglückselig. Zu einem Berg auf der anderen Seite des Flusses kamen wir wie schwebend, und ich fühlte mich nicht im geringsten ermüdet oder leidend, als wenn ich nicht mehr auf der Welt wäre. Ich sah die Bäume, Gesträuche und den Felsen deutlich. Oben auf einem schmalen Platze mitten im Felsen blieb sie stehen und breitete die Hände nach unten aus, blickte mich an und sprach:
'Dieser ist der Ort, wo du mich suchen mußt!',
und darauf wurde der ganze Berg von einem himmlischen Strahlenkranze erleuchtet. Ich fiel vor Maria auf meine Knie nieder und dankte ihr für die Gnade, die sie mir erwiesen hatte. Als ich wieder aufstand, sprach sie: 'Du stehst auf der Sonnenseite' und zeigte mir die ganze Gegend, sprechend: 'Dort ist Stams, dort Silz, da unten Mötz.' Ich schaute alle diese Ortschaften und sah sie so genau, daß ich die Kirchen und Türme und ihre Bauart und Farbe sehr deutlich erkannte. Nachdem die Gottesmutter gesprochen hatte, verschwand sie; ich setzte mich noch eine Weile und betrachtete die Gegend. Neben mir lagen drei faustgroße Steine, die ich auf eine kurze Zeit anschaute und genau betrachtete. Als ich noch eine Weile mich der Freude über diese Erscheinung hingab, läutete es zum Englischen Gruß, und ich befand mich auf einmal wieder in meinem alten leidenden Zustande auf meinem Krankenbette in Rum."
Im Laufe des Tages erzählte Maria Kalb diese Erscheinung ihren Leuten, aber zunächst wußte niemand, was das für ein Ort sein könnte. Nur die Wirtschafterin des Benefiziaten Posch erinnerte sich - sie hatte seinerzeit im Kloster Stams kochen gelernt -, einmal auf dem Wege nach Mieming an diesem Platz vorbeigekommen zu sein. So kam der Geistliche mit der Nachricht: "Da ist eine kleine Wallfahrt, da heißt man es am Locherboden."
Nun wußte also Maria Kalb genau, wo sie die Gottesmutter suchen mußte, wie aber sollte sie nach Locherboden gelangen? Sie bat ihre Bekannten und Verwandten, sie dorthin zu bringen, aber man suchte ihr das auszureden, da es sich bei der Erscheinung wohl nur um einen Traum gehandelt habe; wenn die Gottesmutter sie heilen wolle, könne sie es doch auch in Rum tun. Man erinnerte sich noch zu gut an den mißglückten Versuch, sie nach Absam zu bringen. Aber da die Kranke nicht aufhörte zu bitten und zu betteln, erklärte die Mutter schießlich: Ja, ja, fahrt nur! Sie hat solches Vertrauen, und die Gottesmutter wird ihr schon doch helfen, daß sie unterwegs nicht stirbt." Auch der Ortsgeistliche, der anfänglich dagegen gewesen war, riet, die Kranke nach Locherboden zu bringen. Endlich erklärte sich ihr Bruder Johann bereit, die Fahrt mit ihr zu wagen.

Fortsetzung folgt.

Locherboden bei Mötz, Tirol - die Ursprünge - von P. Josef Fiedler S.J.

Gnadenbild in der Wallfahrtskirche "Maria Locherboden"

Neben Lourdes, wo Maria im Jahre 1854 der vierzehnjährigen Bernadette Soubirous erschien, sich selbst die "Unbefleckte Empfängnis" nannte, zum Beten des Rosenkranzes aufforderte und zur Buße mahnte, entstanden im vorigen Jahrhundert noch eine ganze Reihe kleinerer Wallfahrtsorte, die ebenfalls auf eine Erscheinung der Gottesmutter zurückgehen, ohne daß Maria eine "Botschaft" an die ganze Welt gerichtet hätte, sondern wo sie sich einfach als die "Hilfe der Christen", die "Zuflucht der Sünder", das "Heil der Kranken" erwies. Zu diesen Wallfahrtsorten gehört Locherboden im oberen Inntal in Tirol.
Seit dem 15. Jahrhundert wurde an vielen Orten Tirols nach silberhaltigen Bleierzen gegraben. Am Locherboden tat das um die Mitte des 18. Jahrhunderts ein Thamann (Thomas) Kluibenschädl aus Mötz. Er versuchte sein Glück erst auf der Ostseite, dann auf der Westseite, dann am Fuß des Berges, aber die Erzadern versiegten jedesmal, sobald er einige Meter in den Berg vorgestoßen war. Endlich trieb er einen Stollen direkt unter der heutigen Kirche in den Berg hinein. Während er eines Tages wieder am Graben war, senkte sich hinter ihm ein Stein und versprerrte ihm den Rückweg. In dieser verzweifelten Lage wandte er sich an Maira um Hilfe und gelobte, wenn er gerettet würde, am Eingang des Stollens ein Muttergottesbild anzubringen. Er wurde tatsächlich gerettet. Nach der einen Version schlief er ein; als er aufwachte, befand er sich am Eingang der Höhle. Nach einer anderen Version sollen Engel den Stein so weit zur Seite gerückt haben, daß Thamann durch die entstandene kleine Öffnung ins Freie gelangen konnte. Es wurde aber auch erzählt, Thamann habe einfach aus Dankbarkeit, daß ihm beim Schürfen nie ein Unglück zugestoßen sei, beim Eingang der Höhle ein Muttergottesbild aufgehängt. Das scheint die wahrscheinlichste Erklärung zu sein, denn die anderen Berichte tragen zu deutlich legendäre Züge an sich. Heute ist es nicht mehr möglich, mehr über den Ursprung von Locherboden zu erfahen, als was der Kurat Verdroß im Jahre 1865 in der Mötzer Pfarrchronik schrieb: "Über die uralte Grotte "Mariahilf" am Locherboden konnte ich ganz verläßliche Aufschlüsse über deren Ursprung keine erhalten. Nach der Aussage alter Leute verdankt sie ihre Entstehung der wunderbaren Rettung eines Knappen." Sicher ist nur, daß sich etwa seit dem Jahre 1740 am Eingang jener Höhle ein Mariahilfbild befand, was den Bewohnern der Umgebung bekannt war. Aber es scheint nicht, daß dies Bild sich einer besonderen Verehrung erfreute.
Im Jahre 1854 wurde ein neuer Steg zum Bild angelegt und die Höhle erweitert. Das Mariahilfbild, das man während der Zeit, da bei der Grotte bearbeitet wurde, in das Haus der Geschwister Maurer in Zain gebracht hatte, wurde am 15. August in feierlicher Prozession an seinen alten Platz zurückgetragen. Durch die Sprengarbeiten und die Prozession waren die Bewohner der Umgebung auf das Bild aufmerksam geworden, Beter fanden sich ein, Gebetserhörungen werden aus dieser Zeit berichtet. Mit den eingegangenen Spenden konnte die Grotte verschönert werden. Neben dem Mariahilfbild wurde ein fast gleich großes Bild der Schmerzensmutter - wahrscheinlich eine Votivgabe - angebracht.
Um das Jahr 1860 sollte das vom Bergknappen aufgestellte Mariahilfbild - wahrscheinlich eine Holztafel - restauriert werden, nachdem es mehr als hundert Jahre am Eingang der Grotte, jedem Wetter ausgesetzt, gehangen hatte. Aber der Maler, dem diese Arbeit anvertraut wurde, scheint zu der Überzeugung gekommen zu sein, daß sich das alte Bild einfach nicht mehr restaurieren ließ. Daher malte er ein ganz neues, größeres Mariahilfbild auf Leinwand. Es ist jenes Bild, das heute noch in der Kirche über dem Hochaltar hängt. Das alte Bild scheint ursprünglich hinter dem neuen Bild verborgen gewesen zu sein, jedenfalls schrieb der Kurat Verdroß im Jahre 1864 in der Mötzer Pfarrchronik: "Zum Andenken an seine wunderbare Rettung votierte der Knappe ein Mariahilfbild, welches hinter der gegenwärtigen Mariahilftafel vorhanden ist." Leider ist das ursprüngliche Bild verlorengegangen, auf welche Weise, läßt sich heute nicht mehr feststellen. Das neue Bild ist genau wie das ursprüngliche eine Kopie des Gnadenbildes Mariahilf von Lucas Cranach über dem Hochaltar der Bischofskirche in Innsbruck.
Das Interesse an der Grotte und dem Mariahilfbild scheint bald wieder erloschen zu sein, denn es wird berichtet, daß bei schlechtem Wetter Schafe in die Grotte getrieben wurden, so daß sie einem Stall nicht unähnlich gewesen sein muß. Die beiden Bilder, das Mariahilfbild und das Bild der Schmerzensmutter, waren von Staub und Spinnweben fast verdeckt. Aber gerade diesen vergessenen und verwahrlosten Ort hat Maria gewählt, um einer Sterbenden die Gesundheit wiederzuschenken.

(Fortsetzung folgt)